Stammschutz für Bäume

In diesem Artikel geht es darum, (Obst)Bäume und andere Kulturen mittels Stammschutz vor Schäden durch verschiedene Faktoren zu bewahren und warum dies so wichtig ist.

Den wichtigsten Einflussfaktor stellt dabei das Problem der Temperaturschwankungen da, vor allem in Winter und zeitigem Frühjahr.

Schon ein einziger Tag mit einer Extremtemperatursituation kann thermische Rindenschäden verursachen. Ich habe selbst aus Erfahrung lernen müssen und anfangs das Problem sehr unterschätzt, dadurch wertvolle Bäume verloren. Ich hoffe, mein Beitrag hilft dir es besser zu machen.

Das Ziel ist es, die Baumgesundheit auch in Jahren mit starken Spätfrösten, hohen Sommertemperaturen oder bei drohendem Verbiss so gut wie möglich zu erhalten.

Tags: Weißanstrich, Baumweißen, Baummanchette, Baumspirale, Vlies, Verbissschutz

Welche Kulturen brauchen einen Schutz ?

Bäume und Sträucher im allgemeinen gehören zu den Kulturen um die es hier geht. Grundsätzlich ist der Schutz für all die Kulturen sinnvoll, welche durch starke Temperaturschwankungen, Überhitzung, verfrühten Austrieb oder Nagerverbiss gefährdet sind. In exponierter Lage kann das auf nahezu alle Kulturen zutreffen. Doch auch an einer geschützten Hauswand kann ein Schutz sinnvoll sein, was spätestens dann klar ist, wenn auf verfrühten Temperaturanstieg mit Blüte / Austrieb ein Spätfrost folgt und große Vorfreude in Sorge umschlägt. Weiterhin sind praktisch alle zugekauften Kulturen aus geschützten Baumschulen (was die meisten sind) nach den Umpflazung gefährdet, da sie sich erst anpassen müssen.
Seit einigen Jahren ist klar, dass bis zu den Eisheiligen im Mai gewartet werden muss (bis zu -8°C waren es bei uns) , um sichere Aussagen für die Saison treffen zu können. Das ist eine ganz schöne Umstellung gegenüber früheren Jahren – nicht nur bei der Sortenwahl, auch bei durchzuführenden Schutzmaßnahmen.

Pflanzen, welche von Natur aus eine helle Rinde aufweisen, wie Birke und Bitterorange, kommen ohne Sonne abschirmenden Schutz aus. Ansonsten sollten alle Obstbäume und -sträucher (ggf. außer vor Ort im Mutterboden gekeimte Sämlinge) und Wein, Kiwi u.s.w. geschützt werden. Bei Verbissgefahr durch Nager ist ein mechanischer Schutz zumindest über Winter und Frühjahr oft sinnvoll. Anstrich und mechanischer Schutz können auch kombiniert werden.
Fausregel: Je strauchiger, desto weniger Schutz braucht der Stamm, vor allem in der Vegetationszeit.

Warum überhaupt Stammschutz ?

Grundsätzlich ist es das Ziel, den Stamm vor Beschädigung und folgender Infektionsgefahr zu schützen. Dafür gibt es aus meiner Sicht drei mögliche Gründe.

1. Grund: Stress durch Temperaturschwankungen oder anhaltende Hitze bei Wassermangel

Wintersonne und kalte Nächte führen durch Ausdehnung und Zusammenziehen zu Spannungen im Holz, vor allem in der Rinde. Schnell bilden sich Risse, die sich im Winter, also in der Saftruhe, weiter ausdehnen. Den Baum schädigende Pilze und Bakterien können durch dort leicht eindringen.
Das Wetter im Klimawandel verstärkt diese Schwankungen seit Jahren zunehmend. Somit sollte auch Baumarten und -Sorten, die früher gut zurecht kamen, heute Aufmerksamkeit geschenkt werden.

In trockenen Sommern können hohe Temperaturen gefährlich für einen Baum werden. Steht dem Grad der Verdunstung eine zu geringe Wasserversorgung entgegen, kann der Baum nicht mehr genug “schwitzen” und abkühlen. Der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzte Bereiche – hierbei liegen die typischen Hochstämme ganz vorn in der Gefahrenzone – sterben dann ab und hinterlassen die sog. Sommernekrose, also tote Bereiche in den beiden Saft führenden Schichten. In solche Totholzbereiche dringen Erreger dann mit den nächsten Niederschlägen schnell ein und können ins noch gesunde Holz vordringen.

Wundheilung

In der Vegetationsphase versucht der Baum, Wunden schnell zu schließen, indem er das sog.  Kallus über die Wunde “überwallen” lässt. Anders ausgedrückt, er lässt die Wunde einfach durch neue Zellen überwuchern und somit den gefährdeten Bereich nach außen hin abschotten. Typisch ist dieser Vorgang nach jedem Rückschnitt und an den Schnittstellen zu beobachten. Erfolgte der Schnitt fachgerecht und ist der Baum nicht durch zu viele oder große Wunden mit der Heilung überfordert, schließt der Baum die Wunden im besten Fall noch in der selben Vegetationsphase, also vor Wintereinbruch. Doch selbst dann gibt es keine 100%ige Garantie, eine Nachkontrolle zum Check der Baumgesundheit in der Folgezeit ist immer das sicherste.
Tipp: Ich nutze eine selbst erstellte Mischung aus Holzkohle und speziellen, Zuschlagstoffen, um eine sichere Abtrockung mit Schutz vor Infektionen zu gewährleisten.

Wichtig! Risse, die vertikal verlaufen, sind besonders empfindlich gegenüber möglichen Infektionen.

Was tun bei Infektionsgefahr ?

Das Thema würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Grob zusammen gefasst, muss zuerst eingeschätzt werden, wie weit ein Schaden schon entstehen konnte, welche Symptome erkennbar sind und welche Schritte darauf hin unternommen werden sollten.
Allgemein muss i.d.R. mehr oder weniger stark zurück geschnitten werden und vorbeugend jede erzeugte Schnittwunde ab einer gewissen Größe / unter bestimmten Bedingungen versorgt werden. Große Wunden im Stamm sind schwer bis gar nicht ausheilbar. Das ist jedoch von Fall zu Fall zu bewerten.

Nur junge Bäume schützen ?

Junge Bäume sind ab dem 2. Standjahr nach Keimung oder gleich nach Veredlung / Kauf zu schützen, da sie noch keine dicke, schützende Rinde ausbilden.
Je nach Standort und Baumart / -sorte kann jedoch der Stammschutz auch später noch über Jahre sinnvoll bleiben, insbesondere bei mangelhafter Wasserversorgung. Das Problem kann hier in Werder gut bei (Zier)Obstpflanzungen an Straßen beobachtet werden: Fehlender Weißanstrich, übermäßige Erhitzung und zu geringe Wasserversorgung haben bereits einige ältere Pflanzungen erkranken lassen – etwa in “Hoher Weg”. So ein Anblick macht traurig und es wäre sicher zu vermeiden gewesen.

2. Grund: Spätfrostschäden durch frühen Austrieb

Die Kraft der Sonne von Februar bis April führt besonders bei nicht an den Standort angepassten Pflanzen oft zu einem verfrühten Austrieb bzw. verfrühte Blüte. Hier denke ich beispielsweise an Schisandra, Wein, Feige, Maulbeere, Edelkastanie und Walnuss und Steinobst.
Geht der Baum in den Saft, wie man sagt, kann ein folgender Frosteinbruch empfindliche Schäden verursachen, wobei nicht selten ganze Triebe zurück frieren. Im Extremfall kann ein junger, veredelter Obstbaum bis zur Veredlungsstelle abfrieren, was das Aus bedeutet.
Ein die Sonne abschirmender Schutz verzögert den Zeitpunkt von Blüte und Austrieb nach meiner Beobachtung um 1-3 Wochen und mindert so die Gefahr durch Spätfrostschäden deutlich.

3. Grund: Verbiss durch Nager

An Kulturen, die auf weniger oft gepflegten Bereichen stehen, sind Schäden durch Nagerverbiss ein häufiges Problem. Davon kann ich jedenfalls ein Lied singen – von Maus bis Feldhase knabbert sich alles an unseren im Wildbereich stehenden Kulturen glücklich, wenn ich nichts unternehme. Von November bis April ist die Gefahr besonders groß.

Möglichkeiten des Stammschutzes

1. Weißanstrich, Weißeln, Kalken

Hier ist der Anstrich noch nicht ganz fertig, die gelbe Grundierung ist teilweise noch zu sehen.

Dieser wohl bekannteste Schutz kann mittels einfachen Mitteln wie Kalkanstrich, Latexverbindungen oder professionellen Mitteln wie Arbo-Flex erfolgen. Dabei wird je nach Produkt mit oder ohne eine vorherige Grundierung der Stamm von losen Rindenstücken und grobem Schmutz mittels Bürste befreit und dann der Anstrich aufgetragen. Keine Drahtbürste verwenden; diese kann die Runde schädigen.

Ich selbst favorisiere nach Jahren des Durchtestens das Produkt “Arbo-Flex”. Im Vergleich mit scheinbar günstigeren Baumarktprodukten hält es um Jahre länger und zuverlässiger. Am Ende ist es also gar nicht unbedingt teurer.

Video: Weißanstrich gegen Frostschäden – Der Grüne Tipp kompakt

2. Baummanchette, Baumspirale

Die Baumspirale ist schnell angebracht, sollte im Herbst nach Möglichkeit aber durch einen Anstrich ersetzt werden.

Aus Kunststoff gefertigte Manchetten gibt es in verschiedenen Farben, wobei ich nach anfänglichen Versuchen mit dem optisch besseren Dunkelgrün schnell die Überhitzung im Sommer bemerkte. Seit dem nutze ich eher die weiße Variante.
Wenn es wirklich schnell gehen muss und/oder die Gefahr durch Nagerverbiss droht, spielt die Baummanchette ihre Karte aus. Die Manchette wird spiralförmig um den Stamm gelegt und “wächst mit”. Nachhaltig kann es sein, dass die Verdunstung behindert wird. Darum achte beim Kauf auf ein Modell mit genügend Lüftungslöchern.
In nicht eingezäunten Bereichen bieten solche Manchetten übrigens einen sehr guten Schutz gegen (oberirdischen) Verbiss durch Nager. Öko-Tipp: Wer wilde Brombeere,  Rosen o.ä. zu schneiden hat, kann das Schnittgut auch zum Schutz verwenden. Dazu wird das Schnittgut einfach in passende Länge geschnitten und mit etwas Abstand um den Stamm herum gestapelt.

3. Vlies

Hierbei wird ein leichtes, luftdurchlässiges Vlies in einer oder mehreren Schichten über den jungen Baum, den unteren Teil oder nur um den Stamm gelegt und möglichst windfest gemacht. Typischerweise als Schutz junger Kulturen für strenge Winter gedacht, erfüllt so ein Vlies auch die Schutzfunktion gegen zu frühe Erwärmung in März und April. Wegen des Aufwands ist diese Möglichkeit allerdings allerdings nur was für wenige Lieblinge im Garten.

Stammschutz das ganze Jahr über ?

Wie schon geschrieben, wird sowohl für den späten Winter / das zeitige Frühjahr, wie auch in den Hochsommerwochen, der Schutz benötigt und da man nie weiß, wie es kommt, muss vorbeugend gehandelt werden.
Bei Gefahr durch Nagerverbiss stellt sich die Frage nach dem “Wann” ohnehin nicht. Der Schutz ist obligatorisch.

Der beste Zeitpunkt zum Anbringen

Da eine Baummanchette schnell zugeschnitten und umgelegt ist, kann direkt nach Kauf auch ein neuer Baum umgehend geschützt werden. Achte aber darauf, dass bei lang anhaltendem Regen keinerlei (noch ausheilende) Verletzungen unter der Manchette liegen, sonst droht Pilzbefall.

Das Stammweißen bietet hier den großen Vorteil, dass der Anstrich den Stamm besser abtrocknen lässt als eine Manchette. Dafür braucht es schon etwas mehr Zeit, was sich aber lohnt. Wenn es mal schnell gehen soll, kannst du auch bei Arbo-Flex ohne Grundierung arbeiten und später noch nacharbeiten. Ohne Grundierung hält Arbo-Flex allerdings auch kaum länger als das einfache Baumarkt-Produkt. Bei schnell an Stammdurchmesser zulegenden Kulturen genügt der Anstrich auch ohne Grundierung, langsamer wachsende Kulturen sollten immer eine Grundierung erhalten.

Über den Autor und das Naturprojekt:

Ich hoffe, mein Beitrag gefällt dir ! Bei Fragen, Kritik und Anregungen kannst du mir gern direkt ins Kommentarfeld weiter unten schreiben.

Über mich: Jahrgang 1974, schon immer Naturfreund und gemeinsam mit meiner Frau seit einigen Jahren Hüter über knapp 8000m² Land. Dort entsteht seitdem das Naturprojekt Oase Goldammer.
Mein Anliegen ist es, via Blog und vor Ort Impulse für naturnahes und bewussteres Gärtnern zu geben.

Regionale Garten- und Baumpflege: In und und um Werder (Havel) bin ich gern als Gartenpfleger für dich da und helfe dir auch bei der Auswahl von Kulturen, bei der Gestaltung und mehr - mehr Info

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