1. Juli 2012 - zuletzt aktualisiert am 6. Mai 2021 Von Chris G. 0

Plünderer oder Anzeiger? Die Stare, die Obstbauern und eine Erkenntnis

Stare gelten unter Landwirten als Schädlinge und können ganze Plantagen ratzekahl fressen. Doch wo liegt der Fehler – beim Star, bei der Natur oder bei den Methoden der Bewirtschaftung? Ich danke den Staren für eine Erkenntnis.

Stare (Foto: Anja Gerber)

Es ist seit einigen Tagen wieder soweit: Schwärme von Staren fliegen über die Glindower Gegend und haben wohl längst so einigen Landwirten die jährlichen Alpträume beschert. Als heute wieder einige, kleinere “Spähtrupps” in den typischen, oft wundervollen Manövern die Gegend durchflogen, hatte ich einen kleinen Geistesblitz, auf den einige Fragen folgten.

Was wäre, wenn der Mensch, wie es sein sollte, die Kirschbäume nicht verunstalten würde (man nennt das “Baumschnitt”), damit wieder zum ursprünglichen Gemeinwohldenken und -handeln zurückkehren würde? Mit den Tieren wieder teilen würde, wie es schöpferisch sinnvoller wäre? Klar, die Abstände zwischen den Bäumen wären deutlich größer, die Ernte würde nur zu einem relativ kleinen Teil an uns Menschen gehen. Die bewirtschaftete Fläche wäre nicht mehr so “produktiv” im Sinne eines ausbeuterisch und machinell argumentierenden Sytems. Doch würden die Vögel weiterhin so viel weg naschen, oder würden sie sich mit dem ihm natürlich zustehenden Anteil über unseren Köpfen zufrieden geben, und wir hätten unseren Anteil und wären zufrieden? Wäre dies überhaupt machbar?

Angenommen, wir kehren – und die Flächen sind vorhanden – zu einer früheren Bewirtschaftungsform zurück, in der die Familie mehr im Mittelpunkt steht als die Fähigkeit, sich dem techokratischen Einheits- und Rationalisierungswahn, an den wir so aufwändig gewöhnt wurden, als “Bioroboter” unterzuordnen? Wären die Bäume nicht zum einen viel gesünder und zum anderen durch die Präsenz ihrer menschlichen Freunde viel besser vor zu viel “Wildfraß” geschützt?

Meine Erfahrung hat gezeigt, dass Tiere, ja sogar kleine Insekten, durchaus auf meine Gedanken und Gefühle reagieren und so für Überraschungen sorgen können. Nicht nur uns Menschen scheint das innige und lebendig machende Gefühl, mit den uns umgebenden Wesen in der Natur im harmonischen Miteinander zu leben und gegenseitig auf Bedürfnisse zu achten, wichtig zu sein. Die Natur will es, dass es uns gut geht.

Vielleicht sind die Stare gar keine “Schädlinge” oder “Plünderer”, sondern zeigen uns auf ihre Weise nur die Folgen einer naturfernen Art, mit der Natur und ihren Ressourcen umzugehen. Dieser Gedanke erfüllt mich mit Freude, da mir bewusst wird, dass genau dieser Aspekt, der liebevolle und intelligente Umgang mit unserer Erde all die Symptome kurieren wird, und denen wir alle in dieser Zeit leiden. Die Manipulation der Natur zu Gunsten eines Profitdenkens weicht immer mehr dem nachhaltigen Miteinander, in dem die Freiheit jedes Lebewesens mehr wiegt als das Ego Einzelner.

Ob meine Annahmen nun in der Praxis nachvollziehbar sind oder nicht, ich danke an dieser Stelle den Staren für den Impuls, über diese Zusammenhänge nachzudenken. Jede Beobachtung, jede Kommunikation mit der Natur und ihren vielen Wesen lehrt mich viel.